Archiv für den Monat Oktober 2016

Säkularisierung und Säkularismus – Chance für eine Revitalisierung des Christlichen

Meine 3 Thesen im Rahmen des 42. Dialog offener Katholizität zum Thema
„Säkularismus und Kirche in der Schweiz“ vom 24. Oktober 2016 um 14.00 Uhr im Romerohaus Luzern statt. “ Zweiter Referent war Arnd Bünker vom SPI St. Gallen.

Säkularismus bezeichnet eine Weltanschauung, die sich auf die Immanenz und Verweltlichung der Gesellschaft beschränkt.  Säkularisierung wurde «zur Bezeichnung des Übergangs einer Sache aus dem Eigentum der Kirche in das von Staaten verwendet.» Der Begriff «saeculum bedeutete ursprünglich „Zeitalter, Jahrhundert“, im Kirchenlatein dann „die zeitliche Welt“ und damit das Irdische im Gegensatz zum Ewigen» (Wikipedia).

Hinter den Begriffen Säkularismus und Säkularisierung stecken ein Weltbild und ein damit verbundenes Gottesbild, die wir zu überwinden haben. Dass diese leider weitgehend noch in den Köpfen der Menschen wirken, hat die kirchliche Verkündigung mit zu verantworten! Eine offizielle kirchliche Theologie, die die Realität hierarchisierend aufteilt in einen irdischen und einen ewigen Bereich, verrät in sich bereits zentrale Aussagen des christlichen Glaubens.

Das Geheimnis der göttlichen Trinität überwindet ja gerade alles Trennende, indem es einlädt an die Einheit in der Verschiedenheit und trotz bleibender Unterschiedenheit an die universale Verbundenheit durch und in der göttlichen Liebe, im „göttlichen Tanz“ (Richard Rohr) zu glauben.

Die Aussage „Gott wird Mensch“ ist Muster für eine grundsätzliche Bewegung(srichtung) und Teil dieses göttlichen Tanzes. Sie überwindet genauso den wertenden Gegensatz durch das Bild eines energiereichen Prozesses, zu dem wir mit eingeladen sind.

Säkularisierung bezeichnet  im engeren Sinne aber die durch den Humanismus und die Aufklärung ausgelösten Prozesse, welche die Bindungen an die Religion gelockert oder gelöst und die Fragen der Lebensführung dem Bereich der menschlichen Vernunft zugeordnet haben. Soziologisch wird dieser Prozess als „sozialer Bedeutungsverlust von Religion“ interpretiert. (Wikipedia)

Insofern Religion hier Bindung an etwas hierarchisch Institutionalisiertes oder magisch Rituelles meint, tut es mir nicht weh, wenn diese Art Religion an Bedeutung verliert. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Gottesbilder weiterentwickeln. Die Vernunft als Mittel in der theologischen Auseinandersetzung ist für mich unverzichtbar. Es geht nicht um das Ausspielen von Wissen und Glauben oder Vernunft und Irrationalität. Es geht um mehr und es geht um eine notwendige Entwicklung, Weiterentwicklung der eigenen religiös-theologischen Ansichten und Einsichten. Erfahrung ist dabei unabdingbar wichtig. Sie muss immer wieder gedeutet werden.

Die Welt ist der Ort der Erfahrung Gottes! Dort, wo ich mit Menschen über ihre Erfahrungen deutend ins Gespräch komme, können sich die alten Bilder in den Erfahrungen neu erschliessen.

 “Säkularisierung wird – im weiteren Sinne – verstanden als der institutionelle und mentale Prozess der Trennung zwischen Religion und Staat.” (Wikipedia)

Wenn ich Religion nicht als rein( kirchlich)e Institution, sondern als Rück-Bindung (re-ligio) an das Bleibende, Tragende (theologisch: Gott) verstehe, ist diese Trennung entweder eine Illusion, oder sie proklamiert einen Staat ohne jegliche tragende Grundlage.

Religion, die sich in der institutionellen Kirche erschöpft, kann und soll sich vom Staat lösen.

Ein Staat, der ohne tragende Werte, eine Spiritualität im besten Sinn des Wortes, auszukommen glaubt und genauso eine Kirche, die sich nur noch ökonomisch, machtpolitisch und institutionell definiert, sind überflüssig.