Archiv für den Monat Dezember 2010

Licht und Dunkel

Mit Jugendlichen auf dem Firmweg zusammen hatte ich die Chance, in der «Blinden Kuh» essen zu gehen. Die «Blinde Kuh» ist ein Restaurant, in dem Blinde und Sehbehin­derte in völliger Dunkelheit anderen Menschen Essen servieren.Im Eingangsbereich sollten wir alle leuchtfähigen Gegenstände (Uhren, Handies etc.) abgeben. Wir wurden von der Frau, die für uns an dem Abend zuständig war, vor der Tür abgeholt. Zuvor hatten wir schon die Möglichkeit, die Karte mit den Speisen und Getränken zu studieren.

In einer Art Polonaise wurden wir dann durch eine Lichtschleuse an unsere Plätze geführt. Das Unbehagen einzelner Leute, sich einfach ins Dunkle führen zu lassen, war zu spüren!

An unseren Plätzen konnten wir bestellen. Wir entdeckten tastender Weise die Gedecke. Das Beängstigende, das die Dunkelheit zu Beginn hatte, legte sich mit der Zeit. Beim Essen fiel die Konzentration auf die Geschmackssinne leichter. Ich bemerkte mit einem Schmunzeln, dass ich auch im Dunkeln die Augen schloss, um genau zu schmecken.

Vor Weihnachten lesen wir den Profeten­text:
«Das Volk, das im Dunkeln wandelt, sieht ein helles Licht…» (Jes 9)

Ich war ganz konkret im Dunkeln unterwegs. Und ich habe einen Gewöhnungseffekt bemerkt: Das Dunkel hat mir irgendwann nicht mehr so viel ausgemacht.

Das hat mich nachdenklich gemacht:
Wenn wir heute vom Kommen des Lichtes an Weihnachten predigen,
erwarten wir dann über­haupt noch etwas? Und was?
Oder sind wir uns das Herumtappen im Dun­kel unseres Alltages schon so gewöhnt,
dass wir uns darin eingerichtet haben?
Wo sehnen wir uns noch nach Licht und Befreiung?

Ich wünsche Ihnen: Lichtvolle und befreiende Weihnachten!

Pfarreiblatt Zug Kolumne 10-52