Archiv der Kategorie: Zugerpresse Stimme des Glaubens

«Weihnachten steht vor der Tür! »

Wir sagen das so im übertragenen Sinn. Es liegt eine Wahrheit hinter dieser Redensart. Sie fordert mich auf, meine Tür zu öffnen und Weihnachten herein zu lassen. Weihnachten will eingelassen, verinnerlicht werden.

Angelus Silesius drückt es so aus:
Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren
und nicht in dir, du bleibst noch ewiglich verloren.

Das Kind, von dessen Geburt erzählt wird, ist Bild für neues Leben, Hoffnung, Zukunft, Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten. Dieses Kind will in mir geboren werden.

Gott, das Göttliche, die Kraft, die Leben will und Leben schenkt, kommt mitten in die Welt. Am abgelegensten und unerwartetsten Ort. In Palästina am Rand des römischen Weltreiches. Bei den Hirten, den «unreinenۛ» Aussenseitern der damaligen Gesellschaft.

Die zentrale Aussage von Weihnachten ist:
Gott will lebendig durch die Menschen zu den Menschen kommen.

So verstanden ist Weihnachten nicht nur etwas für den 24. und 25. Dezember. Die jährlichen Feiertage sind eine Erinnerung an etwas, das eine Relevanz für das alltägliche Leben durch das ganze Jahr hat.

Seien wir bereit, Gott durch uns in die Welt kommen zu lassen:
Jeden Tag – 365x im Jahr! Oder für den Anfang mal mindestens dieses Jahr an Weihnachten!

Zweifel

«Da ist wahrscheinlich kein Gott – also sorg dich nicht, geniess das Leben.» steht auf dem Plakat der Freidenker-Vereinigung der Schweiz. Die Aussage richtet sich implizit gegen das Bild eines Gottes, der Angst macht und einem das Leben vermiest. Dagegen wehren sich die Frei-Denkenden mit gutem Recht. Problematisch finde ich nur, dass sie dieses defizitäre Bild als repräsentativ und als das Einzige betrachten. Sie nehmen sich nicht die Freiheit, mit Tolstoj weiter zu denken: «Wenn jemand an seinen hölzernen Gott zu glauben aufhört, so heisst das nicht, dass es keinen Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus Holz ist.»

Wir können nicht anders, als uns in – gut biblischer Tradition – immer wieder neue, bessere Bilder von Gott machen. Aber eben nur Bilder. Vorläufige Bilder. Wir sind und bleiben Menschen. Da nützt mir die suggerierte Scheinsicherheit der evangelikalen Plakat-Antwort auch nichts: «Da ist bestimmt ein Gott – also sorg dich nicht, er sorgt für dich».

John Updike sagt: «Der Teufel ist die Abwesenheit von Zweifel.» Da finde ich das Wort «wahrscheinlich» auf dem Freidenker-Plakat doch ehrlicher und sympathischer. Ich jedenfalls bin angeregt, mir weiter frei mit Gottvertrauen meine Gedanken zu meinem Gottesbild zu machen!

„Ich-bin-da“

In der hebräischen Bibel steht für Gott das Wort JHWH. Es ist das so genannte „Tetragramm“, was so viel heisst wie „vier Buchstaben“. In der Erzählung von Mose und dem brennenden Dornbusch (Ex 3) wird Gottes Name gedeutet als „Ich-bin-da“. Denn die vier Buchstaben erinnern auf Hebräisch an das Verb „(da) sein“.

Aus Respekt vor der prinzipiellen Nicht-Fassbarkeit Gottes wird aber der Name Gottes traditionellerweise nicht ausgesprochen, sondern bei der Lesung ersetzt z. B. durch „Haschem“ = „der Name“ oder „Adonaj“ = „Mein Gott“.

In der griechischen Übersetzung wurde daraus später „kyrios“ = „Herr“. Luther hatte darum in seiner Übersetzung ins Deutsche das Wort „HErr“ gewählt. Ganz bewusst mit zwei Grossbuchstaben, um Gott den „HErrn“ von den Herren der Welt zu unterscheiden.

Im Hören der Lesung kommt das aber nicht zum Ausdruck und so wurde aus dem begleitenden „Ich-bin-da“ der oft bedrohlich empfundene und zur Unterdrückung missbrauchte „Herr-Gott“.

Machen Sie für sich einmal den umgekehrten Weg und lassen Sie einen Gebets- oder Bibeltext wohltuend auf sich wirken, indem Sie „Herr“ mit „Ich-bin-da“ ersetzen!

Was glauben Sie eigentlich?

Im Rahmen der Vorbereitung von 17jährigen jungen Erwachsenen auf die Firmung habe ich mich vor einigen Wochen wieder einmal etwas bewusster mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis auseinandergesetzt. Das ist der Text, der meist im Gottesdienst gebetet wird.

Dabei ist mir bewusst geworden, dass dieser Text zusammengesetzt ist aus Antworten auf Auseinandersetzungen in der Geschichte. Bei all den Formulierungen ging es immer darum, fest zu legen, wer noch zum christlichen Glauben dazu gehörte und wer nicht.

Es sind daher nur strittige Themen formuliert. Was in der Geschichte des Christentums nicht debattiert worden ist, taucht nicht auf: Es findet sich kein Wort über die Liebe oder zu Gott als Urgrund des Seins, nichts zum Reich Gottes als grosse Hoffnung der Zeit Jesu. Auch die Lehre Jesu wird mit keinem Wort erwähnt.

Für mich persönlich ist aber gerade hier in diesen Themen die ursprüngliche Kraft dessen, was meinen Glauben ausmacht. Darum muss ich auch immer wieder für mich meinen Glauben, das worauf ich in meinem tiefsten Inneren vertraue, in meinen Worten formulieren.

Versuchen Sie es doch auch einmal für sich! Es lohnt sich!

Zu Gast bei Freunden

Seit einigen Jahren führen wir in Hünenberg, ökumenisch getragen, ein interreligiöses Friedensgebet durch. Im Rahmen der Auswertung des letztjährigen Friedensgebets haben wir von der türkisch-islamischen Vereinigung aus Baar eine Einladung zum Iftar, einem Nachtessen im Fastenmonat Ramadan, erhalten.

Von Sonnenauf- bis -untergang dürfen fastende Muslime in dieser Zeit weder Essen noch Trinken. In der Moschee wird in dieser Zeit jeweils ein gemeinsames Nachtessen zubereitet. Zu diesem werden auch Gäste von aussen mit eingeladen.

Letzten Donnerstag hatte ich Gelegenheit bei einem solchen Iftar Gast zu sein. In einem unscheinbaren Industriegebäude in Baar ist die schön eingerichtete Moschee, der Treffpunkt des türkisch-islamischen Vereins untergebracht.

Am Iftar steht die Begegnung im Mittelpunkt. Zum Essen und zum gemeinsamen Abendgebet treffen sich die Menschen, in einer Zeit, in der sie tagsüber nichts Essen. Die Freude über das Zusammentreffen vermischt sich mit der Freude über das gemeinsame Essen. Und mit Gästen geteilte Freude ist doppelte Freude, hat mir auch der Vereinspräsident versichert.

Gemeinsam Essen kann Friedensarbeit sein! Danke für die Einladung!

PS: Wenn ich mir überlege, wie viele Male von Jesus erzählt wird, dass er einfach mit Leuten gegessen hat…

Angst

Ich steige in Luzern in den Schnellzug nach Zug. Im übernächsten Abteil sehe ich ein kleines Mädchen. Sie ist vielleicht 8jährig. Bei der Abfahrt des Zuges steht sie auf und winkt am Fenster einer jungen Frau zum Abschied. Das Mädchen geht zurück an seinen Platz. Sie reist ganz alleine. Sie hat ein kleines Rucksäckchen bei sich, ein Plüschtier und ein grosses Kuscheltuch mit Batikmuster. Wir verlassen mittlerweile den Bahnhof. Das kleine Mädchen nuckelt am Daumen und kuschelt mit Plüschtier und Decke.

Ich bin selber Vater von zwei Mädchen in ähnlichem Alter. Ich überlege mir, mich zu dem Mädchen hinzusetzen und etwas ins Gespräch zu kommen. Ich denke, das könnte ihr die Angst vielleicht etwas nehmen. Im selben Moment kommen mir die Schlagzeilen der vergangenen Wochen zu dem vermissten Mädchen in den Sinn. Ich überlege mir, was wohl die Mutter dem Mädchen gesagt hat, wie es sich verhalten soll: «Sprich nicht mit Fremden!»

Mache ich ihr noch mehr Angst, wenn ich zu ihr gehe? Bin ich nicht einfach schon verdächtig, weil ich als Mann zu dem Mädchen gehe? Wie reagieren die Leute im Zug? Wieso mache ich nicht das Natürlichste und Naheliegendste?

Fragen der Angst. Ich bleibe sitzen.

Glauben Sie an Gott?

Ist es Ihnen auch schon passiert: Sie werden von einem von sich und seinem Glauben überzeugten, wildfremden Zeitgenossen auf der Strasse angehauen und gefragt: «Glauben Sie an Gott?» Ich sehe mich glänzenden Augen gegenüber, die mich voller Erwartung anschauen. Ich weiss mich in der Falle. Sage ich nein, setze ich mich einem missionarischen Redeschwall aus, der mich angesichts des grassierenden Sittenzerfalls und des darum drohenden Weltendes zur Bekehrung bewegen will. Sage ich ja, riskiere ich wohlwollend vereinnahmt zu werden und schulterklopfend ein Gottes- und Weltbild untergeschoben zu bekommen, das nicht meines ist. Meine Reaktion auf diese Frage ist darum eher ein schweigendes Weitergehen.

In meiner Phantasie habe ich aber schon oft, den Fragenden hinter mir lassend und weitergehend, geantwortet: Ja ich glaube an Gott – aber ich vermute, nicht an denselben wie Sie. Mein Gott trägt mich in meinem Leben, ohne mein Handeln über Drohung und Angstmache beeinflussen zu müssen. Gott schenkt mir Freiheit und damit Verantwortung, die darum weiss, dass sie immer in vielfältige Zusammenhänge eingebunden ist. Freiheit, die auf Vertrauen baut und weiss, dass sie sich letztlich der Quelle des Lebens (Gott) verdankt.